Seit mehr als drei Wochen cruisen wir jetzt schon durch das Great Astrolabe Reef und von den letzten zwei gab es noch keine ausführlichen Nachrichten. Auch wenn der geneigte Leser durch den Blog unseres Shadowboats „Thor“ auf dem Laufenden bleiben konnte, gibt’s jetzt nochmal einen eigenen Bericht.
Nachdem wir unseren Liegeplatz zwischen Yaukuve Levu und Yaukuve Lailai verlassen haben, ankerten wir für eine knappe Woche vor dem Inselchen Namara. Diese bot alles was das Herz an einer Insel begehren kann: Sandstrand mit wunderschönen Muscheln zum Sammeln, Palmen mit etlichen Kokosnüssen und klares, türkisfarbenes Wasser mit einem Fisch- und Korallenreichen Riff. Und das Beste: Alles für uns ganz allein.
Wir vertrieben uns die Zeit mit schnorcheln, Muscheln sammeln oder Inselerkundungstouren. Sollte man mal keine Lust auf so viel Action haben, konnte man immer noch am Privatstrand entspannen und sonnenbaden. Und wenn man dann so auf dem perfekt weißem Sand liegt, ist es schwer sich zu entscheiden was grade das schönste Geräusch ist: Das plätschern der Wellen, das sanfte Rauschen der Palmenblätter oder Tims und Christians Gekicher, die mit Bierchen im Wasser treiben.
Wir hatten also eine ziemlich gute Zeit dort und wenn nachts der Wind nicht immer gedreht und aus den seltsamsten Richtungen gepfiffen hätte, wären wir bestimmt noch ein paar Tage dort geblieben. Wie oft hat man sonst schon seine Privatinsel!? Aber die Vorräte, besonders frisches Gemüse und Bier, neigten sich bei uns schon wieder ihrem Ende entgegen und deshalb beschlossen wir Richtung VUNISEA aufzubrechen, hier sollte es Shops und am Freitag sogar einen Markt geben.
Nach einer Tagesreise kamen wir in der größten Ortschaft der Inselgruppe an. Beim Anlegen mit dem Dinghi war ich tatsächlich von den „vielen“ Menschen überrascht und die dutzend Personen, die vor dem Laden saßen, kamen mir wie eine riesige Masse vor. Langsam versteh ich Claus, der sich nach mehreren Monaten Pazifik in der Großstadt Auckland unwohl gefühlt hat. So ging es mir ja nach grade mal zwei Wochen in Vunisea und das ist laut Ortsschild nicht einmal eine Stadt, sondern nur eine „populated Area“.
Nach zwei Tagen, in denen wir in den sieben kleinen Shops und dem Markt unsere Vorräte aufgestockt haben, in der winzigsten Tankstelle, die man sich vorstellen kann (sie besteht aus vier Fässern unter einem Wellblechdach mit einem Gitter drumherum) Sprit fürs Dinghy besorgten und einen Spaziergang über das Rollfeld des Airports gemacht haben (versucht das mal am Hamburger Flughafen….), verließen wir die „Großstadt“ wieder und machten uns nach ONO auf.
Ein wunderbarer Tag lag vor uns, nur der Wind schlief irgendwann ein und die Thor segelte uns mit ihrem Blister davon. Das konnten wir nicht auf uns sitzen lassen und wir packten den Spinnacker aus. Ein gigantisches Teil! Riesengroß und leicht, perfekt für unsere Situation.Trotz gefühlten 0 Knoten Wind, einer Armee Entenmuscheln am Bug und einem Dinghy im Schlepptau machten wir ohne Probleme 5 Knoten Fahrt. Irgendwann drehte der Wind aber und legte wieder zu und wir mussten auf die Genua umsteigen. Schade, dass nicht öfter Flaute ist, dieses Segel hat mich wirklich beeindruckt. Außerdem ist es so schön blau =)
Am Ende des Tages kamen wir auf Ono an und ankerten in einer tiefeingeschnittenen Bucht an der Westseite der Insel. Hier hat es die ganzen verdammten nächsten drei Tage geregnet und wir haben das Boot nicht einmal fürs Sevusevu machen verlassen. Nur Regen heißt auch keine Solarenergie für Kühlschränke oder Laptops, die eh sehr dürftige Internetverbindung klappte auch zusammen und man kann auch nicht die Fenster zum Lüften aufmachen, es regnet ja immer rein. Und das bei knapp 30°C. Ein Elend. Aber wir haben natürlich versucht uns die Stimmung nicht kaputt machen zu lassen. Die Homebrew-Produktion wurde angekurbelt und an der Perfektion des Reisweinrezepts unablässig gearbeitet. Und der durch den hohen Niederschlag entstandene Wasserfall und die Regenbögen am Strand waren auch schön anzusehen.
Trotzdem war es nach einigen Tagen genug und wir beschlossen in die nächste Bucht zu fahren, wir konnten einen Szenenwechsel gut gebrauchen.
Auf der Fahrt kam der nächste Rückschlag. Auf halben Weg wurden wir durch starken Wind aus der falschen Richtung und viel zu hohen Wellen zum Umdrehen gezwungen. Der Motor verlor auch immer noch Flüssigkeit und konnte nur eingeschränkt genutzt werden. Wir mussten also zurück. Aber wir wollten auch nicht wieder in die alte Bucht, hier lag ja der Schlecht-Wetter-Fluch. Ein Alternativplan wurde erstellt und so segelten wir noch ein bisschen weiter zurück, vorbei an unserem alten Ankerplatz zu der nächsten Insel Kadavu, hier ankerten wir in der Kavala Bay.
In dieser relativ großen Bucht gab es mehrere kleine Häuseransammlung und nachdem wir herausfanden wo der Chief ansässig ist, konnten wir ihm zum Sevusevu unsere Aufwartung machen. Wir präsentierten ihm das mitgebrachte Kava (das tatsächlich auf dieser Insel ursprünglich angebaut wurde), es wurde wieder geklatscht und unser Fall auf fijianisch besprochen. Im Anschluss wurden wir herzlich begrüßt und die Erlaubnis ausgesprochen, uns im Dorf und dem zugehörigen Land und Wasser frei zu bewegen.
Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und Tim, Christian und ich machten uns auf, einen in die Bucht mündenden Fluss zu erkunden. Die Tour war eine Mischung aus motoren, paddeln und starken, aber irgendwann wurde es einfach zu flach und wir mussten uns geschlagen geben und umdrehen. Wir ließen es uns aber nicht nehmen in bester James Bond Manier am Ende mit Gleitfahrt über den Fluss und durch den Mangrovenwald zu düsen.
Anschließend warteten wir mit den anderen Buchtbewohnern auf die Ankunft des Versorgungsschiffs aus Suva, das zwei mal pro Woche kommt und Güter und auch mal ein paar Touristen nach Kadavu bringt. Diesmal hatte es noch Material für einen halben Kindergarten und Freiwillige aus Neuseeland dabei, die auf der Nachbarinsel in den nächsten Tagen den Ausbau der Schule vorantreiben wollten. Sollen sie mal machen, wir setzten uns lieber auf den Rasen, aßen Fisch und Taro, die an einem Stand verkauft wurden und beobachteten das emsige Treiben.
Der nächste Tag verlief ähnlich. Wieder erkundeten wir die Umgebung, wieder kam das Versorgungsschiff und abends kochten wir gemeinsam. Es gab Currywurst und Pommes. Naja, die Inselversion davon. Lammwürstchen mit modifiziertem Ketchup und frittierte Kochbananen. Gar nicht schlecht und durchaus zu empfehlen wenn die Imbissbude seines Vertrauens mehrere tausend Kilometer entfernt ist.
In den nächsten 24 Stunden nahm der Wind ab und drehte auf die richtige Richtung und wir konnten einen neuen Versuch starten nach Ono in die Naqara-Bucht zu segeln. Diesmal hatten wir Erfolg. Und dank des frisch geschrubbten Unterwasserschiffs war Kira auch endlich mal wieder schneller als die Thor.
Ankern erwies sich wiedermal als schwierig. Die Korallen sind zwar beim Schnorcheln schön anzusehen, aber beim ankern „a pain in the ass“. Trotzdem fanden wir irgendwann einen geeigneten Platz für die kommenden Tage.
Als wir zum Dorf aufbrechen um ein weiteres mal Sevusevu zu machen, kommen uns am Strand schon Frauen entgegen, die mit bunten Tüchern winken und ausgelassen lachen und zwei Männer blasen auf großen Muschelhörnern. Wir sind etwas überrascht, freuen uns aber über den herzlichen Empfang. Schnell wird klar, dass der Aufzug nicht für uns sondern für die Schulkinder ist, die wenig später mit Booten von einem Rugbytunier auf der Nachbarinsel zurückkommen. Schade eigentlich. Aber wir werden nicht weniger freundlich begrüßt und anschließend zum Dorfhaus geführt, wo wir wieder das Sevusevu durchführen. Dass es in Deutschland kein solches Ritual gibt, überraschte die Fijianer sehr. Wir haben uns inzwischen an diese Sitte gewöhnt, wann geklatscht wird ist aber immer noch ein Rätsel. Aber immerhin glauben wir inzwischen herausgefunden zuhaben, dass der Text immer der gleiche ist. Ist jedoch schwer zu sagen, wir sprechen ja kein Fiji. Das Ergebnis ist zumindest das gleiche: wir sind herzlich Willkommen und dürfen uns im Dorf frei bewegen. Anschließend werden wir durch die Gegend geführt, alle paar Meter kommt ein neuer Dorfbewohner auf uns zu, stellt sich vor und fragt uns wie es uns in Fiji gefällt. Im Laufe der nächsten Stunde erzählen wir einem Großteil der 50 Einwohner, wie sehr wir Fiji lieben und schütteln dutzende Hände. Sehr nette Menschen hier. Wir gucken uns noch die Schule an, hier besuchen 23 Schüler aus Naqara und dem Nachbardorf Klasse eins bis acht. Es handelt sich genauer gesagt um ein Internat, in dem sogar die Dorfkinder, die ja eigentlich nur 50m entfernt wohnen, untergebracht sind.
Am Ende der Tour werden wir von unserem Guide Essalah zum Gottesdienst am nächsten Tag und anschließend zum Essen eingeladen. Die Kirche beginnt zum Glück erst um 10 und so sagen wir zu.
Abends wollen wir einem der um die Ecke liegenden Resorts für einen Sundowner einen Besuch abstatten. Mit dem Dinghy machen wir uns auf den Weg und wenig später kommen wir total durchnässt in dem Luxushotel an. Hier bezahlt man pro Nacht 250 US$ (in dem Nachbarresort sogar 500 $), ein Bier gibt es allerdings für „nur“ 7 FJ$. Auf Grund mangelndes Wechselgelds müssen wir die dann aber auch nicht ganz bezahlen. Und es sind eh nur zwei Gäste eingecheckt, da freut sich der neuseeländische Manager über ein bisschen Gesellschaft. Man sieht, wir befinden uns in einer ziemlich abgelegenen Ecke.
Auf dem Rückweg werden wir wieder platsch nass. Diesmal werden wir aber wenigstens am Ende vom Regen nochmal Süßwasser gespült. Immer positiv bleiben 😉
Am nächsten Morgen machen wir uns relativ zeitig auf den Weg zur Kirche, wir wollen ja nicht zu spät kommen. Wenn es um Religion geht, versteht der missionierte Pazifikbewohner keinen Spaß. Und so betreten wir um Punkt zehn das Gotteshaus, vor dem schon ein Dorfbewohner sitzt und mit einer Holztrommel zum Dienst läutet. Aber sonst ist keiner da!
Nur der Pfarrer kommt auf uns zu und begleitet uns zu unseren Ehrenplätzen ganz vorne an der Seite, ob wir die jetzt bekommen, weil wir Ausländer oder weil wir pünktlich sind, bleibt offen. Aber wir haben auf jeden Fall alles gut in Blick. Und die nach und nach eintrudelnden Kirchengänger haben uns gut im Blick…
Der Gottesdienst beginnt, allerdings auf Fijianisch und wir verstehen nichts. Beim ersten Lied wird uns vom Pfarrer sein Gesangsbuch gereicht, ist nett gemeint, nützt aber leider nicht viel. Die 20 Anwesenden singen jedoch lauter und besser als ich das jemals in einer heimischen Kirche gehört habe, mehrstimmig und aus vollem Halse. Da hätten wir eh nicht mithalten können.
Nachdem die Kollekte eingesammelt ist, anscheinend zur Not wenn eine Familie nicht gezahlt hat auch mit namentlichen Aufrufen, wird der Gottesdienst beendet und wir schütteln wieder dutzende Hände, bis wir draußen auf Essalah, unseren Guide vom Tag zuvor treffen. Der war übrigens mit der anderen Hälfte des Dorfes schon morgens um 8 in der Kirche. Und wir haben uns schon gewundert warum nur so wenig da waren…
Das anschließende Essen bei Essalah und seiner Freundin Martha war sehr lecker. Wir saßen in ihrer frisch bezogenen Hütte, wie in Fiji üblich, auf einer Palmenmatte auf dem Boden und aßen Fisch und Taro in verschiedensten Zubereitungsformen mit den Händen. Ein wirklicher Gaumenschmaus!
Schnell wurde die Gegeneinladung ausgesprochen und so fanden wir uns am Nachmittag zum von Christine frisch gebackenen Kuchen auf der Thor wieder. Einige amüsante Gespräche entstanden hier. Wir mussten zum Beispiel Martha erklären, dass Österreich und Deutschland nicht durch ein Meer getrennt sind. Und das Österreich tatsächlich an gar kein Meer angrenzt. Schwer vorstellbar für jemanden, der auf einem Inselstaat aufgewachsen ist. Uns wurde im Gegenzug erklärt wie das mit dem angeln wirklich funktioniert. Das hat ja bislang immer nicht so gut geklappt, hoffentlich läuft es jetzt mit den Tipps der erfahrenen Fischer. Ein Nachmittag also voll mit kulturellem Austausch. Und dazu gab es noch Kuchen.
Ansonsten vertreiben wir uns hier die Zeit mit dem üblichen Schnorcheln, schwimmen und Homebrewtastings.
Gestern ist es Tim und Christian gelungen, die seit Neuseeland leckende Pumpe im Motor zu shit fixen. Wenn ich das richtig verstanden hab, haben die einfach ein Kaugummi drauf geklebt. I don’t know…. Aber das hält jetzt hoffentlich bis wir sie irgendwo professionell reparieren oder austauschen können. Hallelujah!
Morgen geht es für Kira und Crew weiter. Wir verlassen nach 25 Tagen das Astrolabe Reef und segeln nach Malolo Leilei, westlich von Viti Levu. Dann ist das einsame Paradiesleben vorbei und wir kommen in eine etwas touristischere, aber wahrscheinlich ebenso traumhafte Ecke Fijis. Und wir sind dann in guter Reichweite des internationalen Flughafens von Nadi, wo wir entweder bald Claus abholen oder ich dann leider auch bald den Flieger zurück nach Deutschland nehme.
Das heißt dann heute auch Abschied nehmen von Christiane (Brad Pitt und Angelina sind Brangelina, Christian und Christine sind Christiane). Die haben uns heute morgen schon vorgewarnt, wir sollen uns für heute Abend nichts vornehmen. Mal sehen was die geplant haben, es bleibt spannend.
Also, Cheers Mates, das Wasser ruft!