Dienstag 29.07.08
0:45 Uhr
Tim sägt im Vorschiff – hoffentlich kein Alu – hohoho. Ich sitz auf Wache, gleich geht’s in die Koje. Wind 2 bft. aus Süd-Südost, diesig aber noch hell.
2:30 Uhr
Claus schläft. So ganz kann die Uhrzeit zwar nicht stimmen, aber da wir uns über unsere aktuelle Zeitzone noch nicht ganz im klaren sind behalten wir erstmal die MESZ als Bordszeit bei.
Seit 1,5 Stunden bin ich jetzt auf Wache, habe aber noch nicht allzu viel gesehen: Ein Fischer ist hinter uns durchgegangen. Im AIS ist ein 10 sm entferntes Marine-Researchboat „RIV Johann HJORT“ das nächste Objekt. Von mir aus kann es gerne da bleiben. Obwohl wir uns mittlerweile bis auf 14 Meilen der Nordküste der Shetlands genähert haben, kann ich im Zwielicht der Nacht nichts außer Wasser erkennen. Allerdings kommt die Shotland-Coastguard auf Kanal 16 regelmäßig mit diversen Meldungen rein. Angesichts der Tatsache das UKW-Wellen bekanntlich nicht der Erdkrümmung folgen, müssen wir wohl richtig sein.
Vor einer halben Stunde hat seit 5 Tagen zum ersten Mal mein Handy Geräusche von sich gegeben. Vodafone UK scheint die höchsten Handyantennen im Umkreis zu haben. Zumindest hat dieses Netz in diesem Seegebiet eindeutig so etwas wie eine Monopolstellung. Der Wind hat abgenommen. Scheinbarer Wind: S-SE konstant 1 bft. Wir laufen 3,4 kn. Aber das ist immer noch besser als zu Motoren.
Bin gespannt ob wir bei Tagesanbruch etwas von den Inseln erkennen können. Immerhin das erste Land seit 5 Tagen. Claus schnarcht im Vorschiff so laut, dass ich es trotz flappender Segel und den anderen Geräuschen die beim Zusammenspiel von See und Schiff entstehen, bis in den Salon hören kann. RESPEKT! Aber in einer Stunde ist Schluss damit, denn dann ist schon wieder Wachwechsel. Fast vergessen: Seit 2 h befinden wir uns wieder auf der Westhalbkugel. Ein Jahr und 10 Monate nach unserer ersten Querung des Nullmeridians sind wir also wieder im Westen. Allerdings knapp 600 nm nördlicher.
3:15 Uhr
So, 10 min den Stift gesucht und endlich gefunden. Es ist schon seltsam wie schnell Dinge an Bord verschwinden können. Die Nacht ist herrlich. Leises plätschern an der Bordwand, fluoreszierenden Plankton am Ruder der Windfahne. Und die ganze Zeit sieht es so aus als würde im Norden die Sonne aufgehen. Zum Lesen ohne Licht ist es allerdings noch etwas zu dunkel. Seit mittlerweile 5 Tagen haben Claus und ich jetzt nicht eine Minute gleichzeitig geschlafen. 5 Tage ist auf einem Raum von wenigen qm also immer jemand wach gewesen. Eine Situation die an Land wohl eher selten vorkommt. Naja wie auch immer: 3 Uhr 20. Wind SO 1bft. 337 Grad. 4 kn. 15 Grad Innentemperatur.
6:30 Uhr
Ich sitze auf meiner letzten Wache und will grad nur eins: Schlafen! Backbord liegen gerade die Shetland, gut sichtbar. Diese Inselchen haben schon eine interessante Küstenstruktur. Steuerbord läuft laut AIS ein Segelschiff auf Kollisionskurs, hat aber laut Laptop noch 5 nm Zeit. Ich sollte die Segel reffen, die schlagen – zum Teil erbärmlich. Andererseits : vorwärts kommt man ja.
Verdammt es muss doch sein. Die Delfine gestern Nachmittag waren wirklich der bisherige Höhepunkt der Reise
Es ist schon seltsam: Ein paar Tage auf See und ein Tag geht in den anderen über.
10:00 Uhr
Aktueller Stand auf der Logge 593 nm. Der Wind schläft wieder ein. Zwischenzeitlich 4 bft. aus SO, jetzt nur noch 1bft.
Wir dringen langsam in den Nordatlantik vor. Kurs 304 Grad
14:45 Uhr
Wir düsen raumschots mit 6 kn gen Island. Die Gischt schäumt und die Windfahne versieht unbekümmert und lautlos ihren Dienst. Es hat etwas faszinierendes die Windfahne bei der Arbeit zu beobachten. Wir lauschen gerade einem englischen Radiosender der aber leider mehr oder weniger verschwindet. Wenn es so weiter geht wie bisher sollten wir morgen Abend bereits die Färöer quer ab haben. Das wär schon was – von da nur noch 260 nm in etwa. Höfn wir kommen. Und ich will unbedingt auf diesen Gletscher. So far: 21 Uhr Gut Meilen gemacht haben wir heute auf jeden Fall. Wir laufen Kurs 303 Grad bei 5 kn. Aus dem Lautsprecher erklingt Ice Ice Baby.